Posts Tagged ‘6 Staatsgewalt’

Politik

Betroffenheitsgraben

Die direkte Demokratie funktioniert von unten nach oben. Themen und Sachfragen, die nur einzelne Gemeinden oder Kantone betreffen, sind von diesen und nicht vom Schweizer Stimmvolk zu regeln.

Für die Bevölkerung des Kantons St.Gallen war die Sache klar. 64,4 % der Abstimmungswilligen und alle Gemeinden verwarfen das Medienpaket. Selbst die rotgrüne Stadt St.Gallen lehnte die von Bundesrat und Parlament vorgeschlagenen Subventionen für private Medienhäuser ab.

In der Abstimmungsstatistik findet man allerdings eine bemerkenswerte Ausnahme. Die im Kanton St.Gallen stimmberechtigten Auslandschweizer stimmten dem Medienpaket mehrheitlich zu. Dies ist insofern erstaunlich, als viele der vorgeschlagenen Massnahmen für die Auslandschweizer bedeutungslos sind. Dies gilt insbesondere für die Millionensubventionen zu Gunsten der Frühzustellung von Tageszeitungen.

Die Zustimmung der Auslandschweizer zu den Milliardensubventionen hat wohl in erster Linie damit zu tun, dass diese in der Regel in der Schweiz keine Steuern bezahlen. Der wuchernde Staatsapparat belastet sie nicht. Staatsausgaben sind offensichtlich dann kein Problem, wenn man selbst nicht zur Kasse gebeten wird. more

Politik

Vorauseilender Gehorsam

Der gigantische Staatsapparat mit seinen vermeintlich unbegrenzten finanziellen Mitteln und den damit verbundenen Abhängigkeiten ist eine Gefahr für unsere direkte Demokratie. Kein Hund beisst die Hand, die ihn füttert.

 Lang, lang ist’s her. Vor vielen Jahren besuchte ich eine Versammlung des Gewerbeverbandes der Stadt St.Gallen. Unter anderem ging es um die Parolenfassung zu einem bedeutenden Bauprojekt der Stadt. Der Vorstand des Gewerbeverbandes zeigte sich kritisch und empfahl Stimmenthaltung. Da meldete sich ein prominenter Bauunternehmer zu Wort. Und dies mit einer klaren Botschaft: Stimmenthaltung kommt nicht in Frage. Staatliche Bauprojekte werden vom Gewerbeverband unterstützt. Ohne Wenn und Aber.

Der Bauunternehmer setzte sich durch. Wenig überraschend. Die öffentliche Hand ist die wichtigste Kundin des Baugewerbes. Jedes Bauprojekt bringt Umsatz. Je teurer, umso besser. Da bleibt kein Platz für kritische Bemerkungen.

Der Bund, die Kantone, die Gemeinden und die öffentlichen Sozialversicherungen geben jedes Jahr 240 Milliarden Franken aus. Die öffentliche Hand ist ein übermächtiger Auftraggeber. Und dies nicht nur für das Baugewerbe. Die vier grossen Wirtschaftsprüfer der Schweiz beispielsweise kassieren für ihre Beratungsleistungen über die Jahre Hunderte Millionen Franken vom Staat. more

Politik

Mehr Eigenverantwortung – weniger Politik

Es liegt in der Natur von politischen Entscheidungsprozessen, dass alle und damit letztlich niemand verantwortlich ist. Das Primat der Politik ist das Primat der institutionalisierten Verantwortungslosigkeit.

Dies gehört: «Politik handelt von Verantwortungsbereitschaft und der Übernahme von Verantwortung.» (Quelle: Robert Habeck in Talkshow Markus Lanz, 14.7.2021)

Das gedacht: Für einmal ein Zitat aus Deutschland. Allerdings, vergleichbare Aussagen gehören zum Standardrepertoire von Politikerinnen und Politikern auf der ganzen Welt. Auch in der Schweiz. Immer wieder erzählt man uns die Geschichte von der unglaublichen Verantwortung, die politische Ämter und staatliche Würden mit sich bringen.

Wer echte Verantwortung übernimmt, entscheidet nicht nur, sondern steht darüber hinaus mit seiner Person für die Folgen seiner Entscheidungen ein. Insbesondere auch dann, wenn sich diese als falsch erweisen.

Nicht so die Politik. Fehlentscheidungen haben keine persönlichen Konsequenzen. Die Einkommen der Mitglieder von Behörden und Parlamenten sind garantiert, erfolgsunabhängig. Eine gescheiterte Spitalpolitik, überschuldete Sozialwerke, fehlgeschlagene Informatikprojekte, der Postautoskandal, unterfinanzierte öffentliche Pensionskassen, die ungenügende Pandemievorsorge, fehlende Betten in den Intensivstationen, dies alles bleibt für die politisch «Verantwortlichen» ohne Folgen. more

Politik

Mächtige verzichten nicht freiwillig auf Macht

Krisen bringen einen starken Anstieg der Staatsquote. Diese wird nach der Krise wieder abgebaut, allerdings nicht mehr auf das Vorkrisenniveau. Ohne Widerstand von unten wird auch die Schweiz nach Corona weniger frei sein als vor Ausbruch der Pandemie.

Parteiprogramme pflegen eine wohlklingende Sprache. Liberale kämpfen für die individuelle Freiheit. Sozialdemokraten sind der sozialen Gerechtigkeit verpflichtet. National gesinnte Kräfte bewahren die Schweiz. Die Grünen retten gleich die ganze Welt. Was zählt, sind edle Motive, eine bessere Zukunft.

Ganz anders der politische Philosoph Niccolò Machiavelli: «Politik ist die Summe der Mittel, die nötig sind, um zur Macht zu kommen und sich an der Macht zu halten und um von der Macht den nützlichsten Gebrauch zu machen.“ Es geht um Macht und nicht um Moral. Vergleichbar anfangs des zwanzigsten Jahrhunderts der grosse Soziologe Max Weber. Auch er beschreibt Politik als das Streben nach Machtanteil oder nach Beeinflussung der Machtverteilung.

Nun ist es zweifellos verfehlt, allen politisch engagierten Menschen Machtstreben zu unterstellen. Insbesondere in den Gemeinden und in den Kantonen, in der politischen Basisarbeit, in vielen ehrenamtlich geführten Vereinen, Verbänden und Interessenorganisationen engagieren sich unzählige Menschen aus überwiegend ideellen Motiven.

Dort allerdings, wo das ganz grosse politische Rad gedreht wird, spielt die Machtmotivation eine entscheidende Rolle. Immer geht es um die nächsten Wahlen, um Regierungssitze, die Beseitigung von Rivalen, um Klientelpolitik. Ganz besonders beim politischen Spitzenpersonal. Ohne einen ausgeprägten Machtinstinkt schafft es niemand ganz nach oben. more

Politik

Griff in die Trickkiste

Inakzeptabel ist es, wenn der Ausgang einer Volksabstimmung durch taktische Manöver der politischen Klasse beeinflusst wird. Dazu gehört die Manipulation des Abstimmungstermins.

Dies gelesen: «Wir haben das Unglück kommen sehen. Im Dezember haben wir Bundesrätin Sommaruga gebeten, das CO2-Gesetz erst im September dem Volk vorzulegen. (…) Im September kommen die Vorlage für die Ehe für alle und die 99-Prozent-Initiative an die Urne. Das wäre problemlos zusammen mit dem CO2-Gesetz gegangen, diese Vorlagen hätten einander nicht gebissen.» (Interview mit NR Markus Ritter, NZZ, 13.6.21)

Das gedacht: Zugegeben. Ich bin etwas naiv. Nach meiner Überzeugung geht es in einer direkten Demokratie darum, in einem offenen Wettstreit der Meinungen die Mehrheit des Volkes und allenfalls der Stände für eine Vorlage oder für deren Ablehnung zu gewinnen. Dass dabei nicht immer mit der feinen Klinge gekämpft wird, ist zu akzeptieren. Es geht um Mehrheiten und nicht um einen Schönheitspreis.

Inakzeptabel ist aber, wenn der Ausgang einer Volksabstimmung durch taktische Manöver der politischen Klasse beeinflusst wird. Dazu gehört die vom Bauerngeneral Ritter geforderte Manipulation des Abstimmungstermins für einzelne Vorlagen.

Zu diesen taktischen Spielereien gehört aber auch, wenn in einer Vorlage Dinge vermischt werden, die inhaltlich nicht direkt miteinander verbunden sind. Ein solches Sammelsurium präsentierte uns der Bundesrat mit dem Covid-19-Gesetz, über das am vergangenen Wochenende abgestimmt wurde.

Noch krasser die Verbindung der Reform der Unternehmenssteuern mit einer Geldspritze für die AHV im Mai 2019. Linke und Bürgerliche schlossen sich zu einem Kuhhandel zusammen, der die freie Willensäusserung der Stimmberechtigten verunmöglichte. Entweder musste man beiden Teilen der Vorlag zustimmen, oder beide ablehnen. Nicht möglich war es dagegen, die Steuerreform abzulehnen und die AHV-Subventionen anzunehmen. Und umgekehrt. more