Posts Tagged ‘2 Komplexität’

Politik

Misserfolgshonorar

Staatsversagen führt nicht zu weniger, sondern zu mehr Staat. Ein klassischer Fehlanreiz.

Dies gelesen: «Jetzt wird durchregiert! (….) Die Erosion demokratischer Selbstverständlichkeiten ist atemberaubend.» (Renato Beck, WOZ-Redaktor, auf Twitter)

Das gedacht: WOZ, Die Wochenzeitung, verdient Anerkennung. Seit 1981 funktioniert sie als überregionale, linke Zeitung. Ohne staatliche Subventionen. Mal abgesehen von der Posttaxenverbilligung von rund 200 000 Franken.

Im Gegensatz zu vielen anderen politisch Bewegten wird bei der WOZ nicht nur «glafferet», sondern selbstverantwortlich «glieferet». Und deshalb lohnt sich die Auseinandersetzung mit ihren Argumenten. Beispielsweise, wenn ein WOZ-Redaktor im Zusammenhang mit dem Entscheid des Bundesrates, den Kauf der F-35A vor der Abstimmung zur zweiten, noch nicht eingereichten Anti-Kampfflugzeug-Initiative abzuschliessen, die Erosion demokratischer Selbstverständlichkeiten beklagt.

Allerdings verlieren die Krokodilstränen des WOZ-Redaktors ihre Glaubwürdigkeit, wenn man seine Artikel aus Corona-Zeiten liest. So schwärmte er am 4. März 2021 unter dem Titel «Das bürgerliche Endspiel» vom starken Staat, von einer Überführung der linken Coronapolitik in die kommende Zeit. «Die Transformation hat gerade erst begonnen», so Renato Beck.

Massive Eingriffe in die Grundrechte, die exekutive Selbstermächtigung, fehlende gesetzliche Grundlagen, unbegrenzte Staatsschulden, dies alles ist offensichtlich dann kein Problem, wenn im Interesse einer linken Agenda durchregiert wird. more

Politik

Nicht erfüllt

Regierung und Verwaltung ersticken im Mikromanagement. Der Blick für das Wesentliche geht verloren. Vor lauter Bäumen sieht der Bundesrat den Wald nicht mehr.

Dies gelesen: «Mächtige Kommission erteilt Bundesrat schlechte Noten in Sachen Ukraine.» (Quelle: www.tagesanzeiger.ch, 21.4.2022)

Das gedacht: In einem vertraulichen Brief kritisiert die Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments die Vorbereitung des Bundesrates auf die Ukraine-Krise. Fazit: Nicht erfüllt. Dazu zwei Bemerkungen:

Erstens. Wie gewohnt landet in Bundesbern ein vertrauliches Papier in den Redaktionsstuben eines grossen Verlagsunternehmens. Es scheint, dass in den Teppichetagen von Bundesverwaltung und Regierung eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist. Zauberformel und Konkordanz liegen auf der Intensivstation.

Zweitens. Einmal mehr bestätigt sich die fehlende Vorbereitung der Landesregierung auf die wirklich existentiellen Herausforderungen unseres Landes. Reagiert wird kurzfristig, auf äusseren Druck hin, ohne erkennbare Strategie. So etwa in der Energieversorgung, beim Bankgeheimnis, während der Pandemie oder in der Frage der Neutralität. more

Politik

2050

Das fixe Datum für den Ausstieg aus der fossilen Energie ist ein Freipass für jede Form des politischen Aktivismus und staatlichen Interventionismus.

Im Jahre 1949 publizierte George Orwell seinen berühmtesten Roman. Ausgehend von den Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus und dem Stalinismus beschrieb er das Horrorbild einer totalitären Gesellschaft, in der alle Gedanken überwacht werden. Genial nicht nur der Inhalt, sondern auch der Titel. 1984. Einfacher und einprägsamer geht es nicht. Eine Jahreszahl gibt den Takt vor.

Auf die Kraft von Jahreszahlen, die in der Zukunft liegen, setzt auch die Politik. Beispielsweise die Alpeninitiative. Im Jahre 1994 nahm das Schweizer Volk den Alpenschutz-Artikel in der Bundesverfassung an. Dieser beauftragt den Bund, das Alpengebiet vor den negativen Auswirkungen des Transitverkehrs zu schützen.

Konkretisiert wurde der Alpenschutz-Artikel im Jahre 1999 mit dem Verkehrsverlagerungsgesetz. Und dies mit glasklaren Zielen: Bis 2009 muss die Zahl der alpenüberquerenden Lastwagenfahrten auf 650’000 reduziert werden. So die Ansage. 2009, 650’00, ohne Wenn und Aber.

Allerdings, mit der Wirklichkeit hatten diese beiden Zahlen nichts zu tun. 2008 änderte das Parlament den Fahrplan. Die Frist für das Erreichen des Verlagerungsziel wurde auf das Jahr 2018 hinausgeschoben, zwei Jahre nach Eröffnung des Gotthard-Basistunnels. more

Politik

Staatsversagen auf Ansage

 

Regierungen und Verwaltungen scheitern an der Vielfalt der modernen Gesellschaft. Auch in der Bewältigung der Corona-Krise. Das staatliche Mikromanagement ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.

Wir erinnern uns. Während des zweiten Lockdowns gestatteten die Bundesbehörden den Verkauf von Unterhosen. Pyjamas dagegen waren mit einem Verkaufsverbot belegt. Im Bündnerland durfte man mit dem überfüllten Postauto von Chur nach Parpan fahren. Abstand? Beschränkung der Passagierzahl? Fehlanzeige. Die Terrassen der Bergrestaurants am Zielort dagegen wurden auf behördliche Anweisung hin geschlossen. Dies trotz einer Corona-konform schlanken Bestuhlung. Gleichzeitig verkaufte die SWISS jeden Sitz in ihren wie Sardinenbüchsen organisierten Flugzeugen. Wenn zwei dasselbe tun, so ist es noch lange nicht dasselbe.

Masken galten zuerst als nutzlos, dann wurden diese empfohlen, später unter Strafandrohung befohlen. Trotz einer in Lockdown-Zeiten besonderen Nachfrage untersagten die Behörden den Verkauf von Spielsachen und Büchern im stationären Einzelhandel. Dies sehr zur Freude von globalen Online-Giganten, die sonst von der Politik bei jeder anderen Gelegenheit für ihre Arbeitsbedingungen und Steuertricks kritisiert werden. Die Liste an Corona-Absurditäten lässt sich unendlich erweitern. Vieles hat mit individuellem Versagen zu tun. Entscheidender sind jedoch systembedingte Unzulänglichkeiten. Wir haben es mit einem Staatsversagen auf Ansage zu tun.

Industrielle Logik

Die moderne Gesellschaft folgt einer industriellen Logik. Das Ziel sind Organisationen, die als perfekte Maschine funktionieren und in der Lage sind, massenhafte Bedürfnisse zu bewältigen. Und dies nicht nur in der Massenproduktion, den Massenmedien oder dem Massentourismus, sondern auch in der Staatsorganisation. Bürokratisierung und Zentralisierung durchdringen alle Bereiche des öffentlichen Lebens. In Bundesbern sitzen 35’000 Staatsangestellte, die Tag und Nacht Gesetze, Verordnungen und Verhaltensanweisungen erfinden, vollziehen und für das Glück der Menschheit sorgen.

Allein in den letzten zehn Jahren ist die Rechtssammlung des Bundes um einen Drittel angewachsen. Auf über 70’000 Seiten. Zur Konkretisierung des Lebensmittelgesetzes benötigt die Verwaltung 27 Verordnungen mit insgesamt 2080 Seiten. Ein Bürokratiemonster, das selbst Spezialisten überfordert. Noch etwas komplizierter die Regulierung der Landwirtschaft. Hier braucht es in Bund und Kantonen rund 4000 Seiten. Geradezu magersüchtig dagegen der Leitfaden der Bundesverwaltung zum geschlechtergerechten Formulieren. 191 Seiten. Allerdings, das Gendersternchen gab’s bei der Verabschiedung des Leitfadens noch nicht. Und so stehen wohl die nächsten 50 Seiten ins Haus. more