Kennsch no meh, wo geen wörid hölf
Die Pandemie hat uns entgegen linken Erwartungen nicht zu besseren Menschen gemacht. Im Gegenteil. Freiwilligkeit und Solidarität sind auf dem Rückzug.
Dies gelesen: «Insieme Ostschweiz sucht verzweifelt Betreuerinnen und Betreuer für ausgebuchte Ferienlager.» (Quelle: www.tagblatt.ch, 6.7.2022)
Das gedacht: Die Bereitschaft breiter Kreise der Bevölkerung, die einschneidenden Corona-Massnahmen mitzutragen, feierten viele politische Beobachter als Ausdruck einer besseren Welt. Man interpretierte die Zustimmung zu den Covid 19-Gesetzen und die mehrheitlich widerstandlose Gehorsamkeit gegenüber dem staatlichen Corona-Regime im Sinne einer neu erwachten Solidarität.
Auf den Punkt brachte diese Begeisterung der bereits in meinem letzten Artikel zitierte WOZ-Redaktor Renato Beck: «Eine überwiegende Mehrheit der Menschen in der Schweiz nimmt sich aus Rücksicht auf ein grösseres, gemeinsames Ziel zurück.» Mit viel Pathos beschrieb der linke Journalist den Sieg des Kollektivs über Freiheit und Selbstverantwortung.
Und nun das. Kaum sind die Corona-Massnahmen Geschichte, hat sich die neue Solidarität in Luft aufgelöst. An allen Enden und Ecken fehlen Freiwillige. Die Ferien einer Arbeitskollegin, die auf den Rollstuhl angewiesen ist, wurden mangels Betreuungspersonen abgesagt. Auch Insieme Ostschweiz, die jedes Jahr Ferienlager für Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen organisiert, fehlen Freiwillige. Die Ferienangebote stehen auf der Kippe. «Das hat es in diesem Ausmass noch nie gegeben», sagt Claudia Lamminger von Insieme Ostschweiz. more