Klientelpolitik in Reinkultur
Die Stiftung Gesundheitsförderung und die Netflix-Steuer haben vieles gemeinsam. Das Volk zahlt, mehr oder weniger unbemerkt. Begünstigt werden der Politik und der Verwaltung nahestehende Kreise.
Mitte März veröffentliche Blick.ch einen gross aufgemachten Artikel zum Grossverteiler Lidl. Der Discounter wurde in Wort und Video als einzigartiger Arbeitgeber mit besten Anstellungsbedingungen und zusätzlichen Benefits gefeiert. Anlass zur Lobeshymne war die Zertifizierung von Lidl als «Friendly Work Space».
Angesichts des offensichtlichen PR-Charakters des Textes interessiert der Absender. Eingangs des Textes steht denn auch: «Dies ist ein bezahlter Artikel, präsentiert von GFCH». GFCH? Wohl kaum jemand weiss, wer oder was sich hinter diesen geheimnisvollen Buchstaben versteckt.
Und so geht die Spurensuche weiter. Am Ende des Artikels steht: «Präsentiert von einem Partner. Dieser Beitrag wurde vom Ringier Brand Studio im Auftrag eines Kunden erstellt.» Wer dieser Kunde ist, wird auch an dieser Stelle verheimlicht. Offensichtlich hat man etwas zu verbergen.
Aufgelöst wird das Rätsel durch das auf der Startseite eingeblendete, auf dem Smartphone kaum lesbare Logo der Gesundheitsförderung Schweiz. Und damit wird die Sache erst richtig interessant.
Die Gesundheitsförderung Schweiz ist gemäss ihrer Webseite eine privatrechtliche Stiftung, die von den Kantonen und Versicherern getragen und vom Bundesamt für Gesundheit kontrolliert wird. Die Stiftung initiiert, koordiniert und evaluiert Massnahmen zur Förderung der Gesundheit und zur Verhütung von Krankheiten. Im Stiftungsrat sitzen die üblichen Verdächtigen aus dem Gesundheitssektor.
Finanziert wird die Stiftung allerdings nicht von der Trägerschaft, den Kantonen und den Versicherern, sondern vom Schweizer Volk. Jede Person in der Schweiz leistet über die Krankenkassenprämie eine jährliche Zwangsabgabe von 4.80 Franken. Was nach wenig tönt gibt in der Summe das nette Spielkapital von mehr als 40 Millionen Franken.
Uns so schliesst sich der Kreis. Die Bevölkerung wird vom Bund mehr oder weniger verdeckt zur Kasse gebeten. Die Gelder landen bei einer privatrechtlichen Stiftung. Diese leistet sich eine Geschäftsstelle von über sechzig Mitarbeitenden. Verteilt wird das übrige Geld an Institutionen und Unternehmen, die ihren Vorstellungen und Erwartungen entsprechen. Zum Beispiel an die Blick-Redaktion.
Dabei handelt es sich um keinen Einzelfall. Der Wahnsinn hat System. Etwa bei der Netflix-Steuer, über die wir Mitte Mai abstimmen. Auch hier geht es um eine scheinbar bescheidene Zwangsabgabe. Diese Rechnung wird indirekt den mehrheitlich jüngeren Nutzern von Streamingdiensten präsentiert. Profitieren soll die Schweizer Filmindustrie und ihr überwiegend älteres Publikum. Als Stimmbürger haben wir es in der Hand, dieses unmoralische Angebot an der Urne zu versenken.
Bei der Stiftung Gesundheitsförderung und bei der Netflix-Steuer haben wir es mit Klientelpolitik in Reinkultur zu tun. Das Volk zahlt. Begünstigt werden der Politik und der Verwaltung nahestehende Kreise. In den beiden angesprochenen Fällen der Gesundheits- und der Kulturkuchen. Beide abhängig vom Departement des Innern mit Bundesrat Berset an der Spitze. Und beide folgsame Wasserträger der bundesrätlichen Corona-Politik. Zufälle gibt’s …….
Bild: Sora Shimazaki auf Pexels