Fragwürdiger Service public
Kleinere und mittlere Unternehmen brauchen keine Almosen. Sie sind aber auf einen fairen Wettbewerb angewiesen.
Dies gelesen: «Die Post will Schweizer KMU noch stärker dabei unterstützen, administrative Aufgaben zu digitalisieren und zu vereinfachen. (…) Die Kernangebote sind und bleiben kostenlos.» (Quelle:www.post.ch)
Das gedacht: Die Post verkauft sich neu als Schutzpatronin der kleineren und mittleren Unternehmen. Angeführt vom ehemaligen SP-Präsidenten und Klassenkämpfer Christian Levrat. Verschenkt wird eine Buchhaltungssoftware, inklusive Lohnbuchhaltung, Auftrags- und Kundenverwaltung. Frontal angegriffen werden damit alle privaten Unternehmen, die ihr Geld mit Unternehmenssoftware verdienen.
Vergleichbar die BKW Energie AG, die mehrheitlich dem Kanton Bern gehört und mit dem Monopol der Stromversorgung im Kanton Bern Millionen verdient. Investiert wird die Monopolrente in den Kauf von privaten Unternehmen in den Bereichen Gebäudetechnik, Netzinfrastruktur und Engineering. Heute gehören weit über 200 Firmen in das Reich des Staatskonzerns. Sie alle treten gegen privat gehaltene Mitbewerber an, die zumindest in der Region Bern als Zwangskunden der BKW ihre eigene Konkurrenz finanzieren müssen. Zynischer geht es nicht.
Staatsunternehmen mischen private Branchen auf. Kantonalbanken dominieren regionale Finanzmärkte. Staatliche Gebäudeversicherungsanstalten weiten ihre Geschäftsfelder aus. Zwangsfinanzierte Radio- und Fernsehanstalten treten in Konkurrenz zu privaten Medienhäusern. Die SBB mutiert zum führenden Immobilieninvestor. Der Flughafen Kloten ist nicht nur Verkehrsinfrastruktur, sondern seit Eröffnung von «The Circle» auch das grösste Einkaufszentrum der Schweiz. Flughäfen und Bahnhöfe funktionieren als Staat im Staat, mit eigenen Vorschriften, eigenen Ladenöffnungszeiten.
Und dies alles im Namen des Service public. Offiziell ist dieser dafür verantwortlich, dass Infrastrukturgüter und Infrastrukturdienstleistungen allen Bevölkerungsschichten und Regionen des Landes nach gleichen Grundsätzen in guter Qualität und zu angemessenen Preisen zur Verfügung stehen. Privaten Unternehmen traut man dies nicht zu.
Allerdings, das Kerngeschäft vieler Monopolbetriebe verliert durch den technologischen Fortschritt an Bedeutung. In den vergangenen zehn Jahren ist das Briefvolumen in der Schweiz um rund einen Drittel eingebrochen. Dank dem Internet braucht es zur elektronischen Verbreitung von Medieninhalten keine staatlichen Sendeanstalten mehr. Die Finanzindustrie, der Einzelhandel, die Gebäudetechnik funktionieren bestens, auch ohne Staatsunternehmen.
Digitalisierung und Globalisierung haben alle Branchen grundlegend verändert. Für die Politik ist dies jedoch kein Grund, die Unternehmen des Service public den neuen Begebenheiten entsprechend zu verkleinern. Stattdessen investiert man in fragwürdiger Art und Weise in neue Geschäftsfelder, ausserhalb des Monopolbereichs und in direkter Konkurrenz zu privaten Anbietern. Dies zur Sicherung der eigenen Interessen und, wie die Wahl von Levrat zum VR-Präsidenten der Post dokumentiert, zu Gunsten der eigenen politischen Klientel.
Konkurrenz belebt das Geschäft. Wie der Gewerbeverband des Kantons Bern in seiner Kampagne «Fair ist anders» treffend festhält, bleiben die Regeln der Fairness jedoch aussen vor, wenn der Staat zum Konkurrenten wird. Dies ganz einfach deshalb, weil überall, wo Staat draufsteht, Steuern drin sind.
Kleinere und mittlere Unternehmen brauchen keine Post, die ihnen die betriebsnotwendige Software schenkt. Almosen sind kein taugliches Geschäftsmodell. Sie sind aber auf einen fairen Wettbewerb angewiesen. Dazu gehört, dass alle Markteilnehmer mit vergleichbaren Voraussetzungen antreten, dass man in der Wahl seiner Lieferanten frei ist und Preise durch den Wettbewerb und nicht durch Monopolisten bestimmt werden. Und dazu gehört, dass Unternehmen, deren Produkte und Dienstleistungen nicht mehr gefragt sind, vom Markt verschwinden. Auch im Bereich des Service public. Alles hat ein Ende.
Im gleichen Atemzug gehören m.E. auch die sogenannten Genossenschaften Coop und Migros -zwar nicht staatlich aber eben auch nicht wirklich in Privatbesitz – erwähnt welche, anstatt die Produkte zu tiefst möglichem Preis dem Konsumenten anzubieten, Jahr für Jahr unanständige Gewinne schreiben. Welche dann zur Monopolisierung des Elektronik- und Haushaltgerätehandels, der Fitnessbranche, des Weinhandels, des Heimwerkergeschäftes etc. eingesetzt werden. Diese Giganten gehören m.E. zerschlagen und privatisiert.