Das neue Google
Es kann und darf nicht sein, dass der Mann und die Frau von der Strasse einen Staatsapparat finanzieren müssen, der in seiner Ausstattung meilenweit von ihrer eigenen Realität entfernt ist. Dieses Missverhältnis hat immer wieder Gesellschaften erschüttert.
«Der Staat, das neue Google». So lautete das Titelthema in der diesjährigen Februar-Ausgabe des Beobachters. Unmittelbar nach dem Studium gibt’s beim Bund einen Mindestlohn von 7500 Franken. Das durchschnittliche (!) Jahresgehalt in der Bundesverwaltung beträgt 125’000 Franken. Im Vergleich dazu der Durchschnittslohn im Privatsektor: Etwas mehr als 80’000 Franken.
Eine Schere, die immer weiter auseinanderklafft. Während im Privatsektor die Löhne zwischen 2008 und 2018 um 8 Prozent gestiegen sind, zahlte der Bund im gleichen Zeitraum 13 Prozent mehr. Für die überdurchschnittliche Zunahme gibt es eine einfache Erklärung. Alle Mitarbeitenden der Bundesverwaltung mit einer Bewertung von «gut» oder «sehr gut» erhalten bis zum Erreichen des maximalen Lohnes der entsprechenden Lohnstufe automatisch eine Lohnerhöhung von 1,5 bis 4 Prozent. Preisfrage: Wie hoch ist der Anteil der Bundesangestellten, mit einer guten oder sehr guten Qualifikation? 96 Prozent!
Die überdurchschnittlichen Löhne sind aber nur die Spitze des Eisbergs. Die Angestellten der Bundesverwaltung geniessen im Vergleich zur Privatwirtschaft zusätzliche Privilegien wie einen besseren Kündigungsschutz oder besonders grosszügige, überwiegend vom Arbeitgeber finanzierte Pensionskassenregelungen. Ein Ortszuschlag gleicht die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten am jeweiligen Wohn- bzw. Arbeitsort aus. Weiter gibt es Funktionszulagen, Arbeitsmarktzulagen und Sonderzulagen. Und als nette Geste erhalten alle Bundesangestellten gratis ein Halbtagsabonnement. Man gönnt sich ja sonst nichts.
Früher gab’s beim Staat vergleichsweise bescheidene Löhne, dafür eine hohe Jobsicherheit und gute Pensionskassenleistungen. Heute sind Staatsangestellte in jeder Hinsicht privilegiert. Dies zu Lasten des privaten Arbeitsmarkts. Bei den Juristinnen ist der Bund seit vier Jahren der attraktivste Arbeitgeber, unter Naturwissenschaftlern belegt er den Platz 5. In Deutschland träumen knapp zwei Drittel der Studierenden von einer staatlichen Anstellung oder einer Beschäftigung in einer kulturellen Einrichtung.
Das entscheidende Problem liegt jedoch nicht in Verdrängungseffekten im Arbeitsmarkt. Weit folgenreicher ist die gesellschaftspolitische Sprengkraft einer Entwicklung, bei der sich die öffentliche Verwaltung immer weiter von der Lebensrealität der überwiegenden Mehrheit des Volkes entfernt. Eine bürgernahe Verwaltung war einst eine der ganz grossen Stärken der Schweiz. Einiges davon ist in unseren Gemeinden erhalten geblieben. Schwierig wird es jedoch, wenn wie in Corona-Zeiten hochbezahlte, hundertfach abgesicherte Bundesangestellte mit ihren Entscheidungen private Einkommen und Vermögen vernichten, Läden und Restaurants schliessen, Arbeitnehmende in die Kurzarbeit schicken oder Kulturschaffende mit einem Arbeitsverbot belegen. Dies vom Homeoffice aus, bei vollem Lohn, garantierten Lohnerhöhungen und absoluter Jobgarantie.
Um richtig verstanden zu werden: Allen sei ein guter Lohn gegönnt. Auch den Beschäftigten in unseren Gemeinden, Kantonsverwaltungen und beim Bund. Es kann und darf aber nicht sein, dass der Mann und die Frau von der Strasse einen Staatsapparat finanzieren müssen, der in seiner Ausstattung meilenweit von ihrer eigenen Realität entfernt ist. Dieses Missverhältnis hat immer wieder Gesellschaften erschüttert. Daran kann niemand interessiert sein. Auch nicht die Damen und Herren in unseren Verwaltungspalästen.
Quellen: Der Staat, das neue Google, Beobachter 2/2021; Nimmersatter Staatsapparat, Schweizer Monat, Ausgabe 1081, November 2020
Eine sehr gefährliche Entwicklung bei einer (ehrlich berechneten) Staatsquote von 50%!
Da wird keine einzige Abstimmung mehr gewonnen werden können, die dem Apparat entgegen läuft!
(ehrlich berechnet = inkl sämtlicher staatsnaher/ vom Staat abhängigen Unternehmungen)